Wer kennt sich schon mit dem übermächtigen Regelwerk der EU aus? Welcher Vertrag ist aktuell gültig? Was regelten bzw. regeln die europäischen Verträge überhaupt? Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, stellen wir in unserem Blog regelmäßig die europäischen Verträge vor. Heute ist es der Vertrag von Nizza.
Eine Zusammenkunft Europas
Am 26. Februar 2001 wurde der Vertrag von Nizza von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union unterzeichnet. Bereits ein Jahr später trat er für alle verbindlich in Kraft. Der Vertrag, der eine Zusammenkunft Europas erforderte, diente dazu, Änderungen bzw. Verbesserungen an den bestehenden Verträgen über die Europäische Union und der Europäischen Gemeinschaft vorzunehmen. Des Weiteren wurde die Union mit dem Vertrag von Nizza auf die bevorstehende Ost- und Süderweiterung vorbereitet.
Nizza – die französische Stadt am Mittelmeer
Diese im Südosten Frankreichs gelegene Hafenstadt wurde bereits vor über 400.000 Jahren besiedelt und sorgte über die Jahrhunderte hinweg für verschiedene Konflikte zwischen den europäischen Staaten. In der Geburtsstadt des Literaturnobelpreisträgers Jean-Marie Gustave Le Clézio und der ehemaligen Präsidentin des Europäischen Parlaments Simone Veil, wurde der Vertrag von Nizza vor 17 Jahren unterzeichnet.
Als eine der wichtigsten Änderungen des Vertrages wurde angesehen, dass in vielen Bereichen Beschlüsse mit Qualifizierter Mehrheit statt mit Einstimmigkeit zur Regel werden sollten.
Qualifizierte Mehrheit
Bereits mit den damals 15 EU-Mitgliedstaaten stellte sich heraus, dass die vertraglich festgelegte Einstimmigkeit bei Beschlüssen die EU lähmte. Zu unterschiedlich waren die Interessenlagen der europäischen Staaten. 2004 stand nun die große Ost- und Süderweiterung an. Mit einem Schlag bekam die EU zehn neue Mitgliedstaaten. Mit dann 24 Mitgliedstaaten wären einstimmige Beschlüsse ein so gut wie aussichtsloses Unterfangen. Der Vertrag von Nizza führte daher die Beschlussfassung per qualifizierter Mehrheit ein. Eine qualifizierte Mehrheit ist bei wichtigen Entscheidungen eine Mehrheit, die über die einfache Mehrheit weit hinausgeht. Der Anteil der Zustimmung der Stimmberechtigten wird vorher festgelegt. So bedarf es z.B. im deutschen Bundestag einer Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen.
Wichtige Änderungen nach dem Vertrag von Nizza
Einige der wichtigsten Änderungen neben der Einführung der qualifizierten Mehrheit waren:
- Jeder Mitgliedstaat darf seit 2005 nur noch ein Kommissionsmitglied stellen.
- Der Präsident der Kommission ist befugt, die Geschäftsbereiche der Kommissionsmitglieder zuzuweisen oder umzuverteilen.
- Gemäß dem Vertrag von Amsterdam durfte das Europäische Parlament höchstens 700 Mitglieder zählen. Der Vertrag von Nizza erhöhte diese Zahl auf 732.
Unter’m Strich sollten eine klare und bessere Aufteilung der Zuständigkeiten, eine Vereinfachung der Instrumente der Union, mehr Demokratie, Transparenz und Effizienz sowie die Erarbeitung einer Verfassung für Unionsbürger die Europäische Union weiter zusammenführen.
Quellenangaben: bpb.de, europarl.europa.eu