Großbritannien tritt aus der Europäischen Union aus
Die Europäische Union (kurz EU) ist ein Verbund von derzeit 28 Mitgliedstaaten. Zu den Zielen der Europäischen Union gehört u. a., „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.“
Auch Großbritannien (kurz GB) ist seit 1973 Mitglied der EU. Jedoch wuchs in den letzten Jahren die EU-Skepsis in Großbritannien. Dazu haben vor allem die Einwanderung der neuen EU-Bürger aus Osteuropa sowie die Eurokrise, die Flüchtlingsbewegung sowie eine angebliche Bevormundung durch die EU beigetragen.
Aus diesem Grund beschloss die Regierung eine Volksbefragung. In diesem Referendum entschieden die Briten am 23. Juni 2016, ob das Vereinigte Königreich Mitglied der Europäischen Union bleiben oder aus der Europäischen Union austreten solle.
Dabei stimmten 51,9% für den Brexit. Die Ergebnisse des EU-Referendums zeigten deutlich die regionale Spaltung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland auf: Die Mehrheit der EU-Gegner lag in England und Wales. Die Bevölkerung in Schottland hat dagegen mit 62% für einen Verbleib in der EU gestimmt. In Nordirland stimmten immerhin noch 55,8% für die EU. Dennoch konnten die Schotten und die Nordiren den Ausgang des Referendums nicht entscheiden, weil sie nur 10% der britischen Gesamtbevölkerung ausmachen. Da nach wie vor die Mehrheit der Schotten den Brexit ablehnt, bestehe in diesem Zusammenhang zum ersten Mal die Möglichkeit, dass es in Schottland eine Loslösung von Großbritannien gebe, so der Politologe Anthony Glees im DLF.
Die Volksbefragung allein war jedoch noch nicht entscheidend. Auch die beiden Kammern des britischen Parlaments stimmten für das von der Regierung vorgelegte Brexit-Gesetz.
Wie geht es jetzt weiter?
Am 29. März 2017 reichte Großbritannien das Austrittsgesuch bei der EU ein. Von da an haben die britische Regierung und die EU zwei Jahre Zeit, um sich über die Bedingungen des Brexit einig zu werden. Spätestens am 29. März 2019 wird der Brexit vollzogen.
Was passiert nach dem Brexit?
Um die EU zu verlassen, muss Großbritannien das in Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) niedergelegte Verfahren durchlaufen. Artikel 50 ist die Bestimmung im EUV, die einen Austritt aus der EU ordnet. Er wurde 2009 durch die Änderungen des Vertrags von Lissabon in den EUV eingefügt und schreibt Einzelheiten zu Austrittsverhandlungen vor. Er regelt, wie die EU ihre Seite der Verhandlungen zu gestalten hat und schreibt die Abstimmungsmodalitäten für eine Vereinbarung (qualifizierte Mehrheit) beziehungsweise für die Fristverlängerung (Einstimmigkeit) vor. Obwohl der Artikel über die Rahmenbedingungen der Trennung entscheidet, müssen die Einzelheiten künftiger Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU in einer weiteren Vereinbarung geregelt werden.
Da die britische Verfassung keine genauen Antworten auf die meisten durch den Brexit aufgeworfenen Fragen bietet und aufgrund der Tatsache, dass Artikel 50 noch nie zur Anwendung gekommen ist, gehen Beobachter und Akteure davon aus, dass der Austritt ein juristischer und diplomatischer Kraftakt wird. Dabei sind folgende Fragen bei dem Start der Austrittsverhandlungen von besonderer Priorität:
- Wie hoch wird die Brexit-Rechnung?
EU-Kommissionspräsident Juncker sagte unlängst, dass der Austritt aus der EU die Briten «mindestens 60 Milliarden Euro» kosten werde. Bei dieser Brexit-Rechnung, der sogenannten „Exit-Bill“ handelt es sich aus EU-Sicht nicht um eine Strafe, sondern vielmehr um einen unumgänglichen Ausgleich der Konten, denn die EU plant ihren Haushalt in einem Rhythmus von 7 Jahren. Aus diesem Grund ist die Regierung in London zu Ausgaben verpflichtet, die weit über das Austrittsdatum im März 2019 hinausreichen.
Vertreter des EU-Parlaments betonen, dass Großbritannien noch bis mindestens 2023 für gemeinsam beschlossene Projekte aufkommen muss. Außerdem verweist die EU-Kommission auf Pensionen ehemaliger EU-Beamter, die von den Briten ebenfalls mitbezahlt werden müssen.
Im Moment kann jedoch noch nicht abschließend gesagt werden, wie hoch die Brexit-Rechnung am Ende ausfällt.
- Wie gestalten sich in Zukunft die Bürgerrechte?
Eine Besonderheit der EU ist, dass jeder EU-Bürger ohne weitere Erlaubnis in einem anderen EU-Land leben darf.
Laut offiziellen Statistiken wohnen und arbeiten ca. 3 Mio. EU-Ausländer in Großbritannien. Im Gegenzug lebt und arbeitet ca. 1. Mio. Briten in anderen EU-Ländern. Diese Gruppen befürchten durch den Brexit Beschränkungen in ihrem Arbeits- und Bleiberecht.
- Wie sieht die neue EU-Außengrenze aus?
Der Brexit schafft eine neue EU-Außengrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland. Heutzutage überqueren täglich 30.000 Pendler problemlos die Grenze. Das war jedoch nicht immer so. Früher wurde die Grenze von schwerbewaffneten Soldaten kontrolliert, was zu kilometerlangen Staus beim Grenzübertritt sorgte. Erst das Karfreitagsabkommen von 1998 beendete den blutigen Konflikt zwischen den katholischen Republikanern und protestantischen Unionisten. Eine unsichtbare Grenze zwischen den beiden Staaten war ein entscheidender Bestandteil dieses Abkommens. Infolge des Brexit könnte die ca. 500 km lange Grenze schon bald wieder sichtbar und spürbar werden, was u.a. die Sorge schürt, dass der Bürgerkriegskonflikt in der Region neu aufflammt.
Der Brexit wirft viele Fragen auf. Was genau in den nächsten zwei Jahren passiert, weiß niemand ganz genau.
Die britische Premierministerin May kündigte für Juni 2017 vorgezogene Neuwahlen an, da es Uneinigkeiten im Parlament über die bevorstehenden Brexitverhandlungen gibt. Somit haben die Briten mit einer Neuwahl die einmalige Chance, noch vor Beginn der Austrittsverhandlungen neu zu wählen.
Das Ergebnis der Neuwahlen sowie alle neuen und wichtigen Details zum Brexit erfahren Sie hier.