Jonas Hinrichs
Zäsur in der Finanzwelt – Die Gründung der EZB
Am 1. Juni 1998 nahm die EZB offiziell ihre Arbeit auf. Damit erhielt der künftige Euro eine Institution, die in ihrer Form spektakulär und einzigartig ist. 7 Monate nach der Gründung der EZB begann für 11 der damals 15 EU-Mitgliedstaaten das Euro-Zeitalter. Allerdings war die europäische Gemeinschaftswährung zunächst nur eine elektronische Verrechnungswährung. Am 1. Januar 2002 verschwanden die nationalen Währungen und der Euro wurde offizielles Zahlungsmittel. Nirgendwo sonst auf der Welt gab und gibt es eine Zentralbank, die damals 11 und heute 20 Mitgliedsländer umfasst. Die EZB hat es geschafft, dass all diese Staaten mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft, unterschiedlichen Meinungen zum Euro und unterschiedlichen geldpolitischen Traditionen zusammenarbeiten.
Weitreichende Aufgaben
Die EZB legt die Leitzinsen für die Geschäftsbanken im Euroraum fest. Damit steuert sie die Geldmenge und die Inflation. Außerdem verwaltet die EZB die Währungsreserven des Euroraums und kauft oder verkauft Währungen, um die Wechselkurse im Gleichgewicht zu halten. Sie beobachtet die Preisentwicklung und beurteilt die sich daraus ergebenden Risiken für die Preisstabilität. Zusätzlich achtet sie darauf, dass die nationalen Behörden die Finanzmärkte angemessen überwachen und die Zahlungssysteme reibungslos funktionieren. Alle bisher genannten Aufgaben münden jedoch in die wichtigste Funktion der EZB. Ihre oberste Priorität ist es, die Sicherheit und Stabilität des Euro zu gewährleisten.
Die schwerste Krise der EZB
Die wohl einfachsten Zeiten für die Zentralbank waren die Amtszeiten des EZB-Präsidenten Wim Duisenberg und seines Nachfolgers Jean-Claude Trichet, der ihn 2003 ablöste. In der letzten Phase von Trichets Präsidentschaft ab 2007 kam es jedoch zu einem gravierenden Einschnitt. Die weltweite Finanzkrise führte zu ersten massiven Interventionen der EZB auf den Finanzmärkten. Der Italiener Mario Draghi übernahm das schwierige Amt im Herbst 2011. Zu diesem Zeitpunkt schwächte die Finanz- und Schuldenkrise die europäische Wirtschaft weiter. Spekulanten griffen den Euro massiv an, da sie davon ausgingen, dass einige Mitgliedsländer unter der Schuldenlast zusammenbrechen würden. Im Juli 2012 zeigte Draghi Entschlossenheit. Mit seiner berühmten “Whatever-it-takes”-Rede und den darauffolgenden Maßnahmen rettete er den Euro. Sein konsequentes Handeln hat die Währungsunion stabilisiert.
Aktuelle Krisen und Herausforderungen
Draghis Nachfolgerin wurde die Französin Christine Lagarde. Auch ihre Amtszeit, die bis heute andauert, ist von Herausforderungen geprägt. Die Covid-19 Pandemie und der russische Einmarsch in die Ukraine mit all ihren wirtschaftlichen Turbulenzen riefen die EZB auf den Plan. Die lockere Geldpolitik wurde fortgesetzt und damit die Inflation angeheizt. Zu spät wurde die Gefahr erkannt und mit Inflationsraten von 10,6 Prozent in der Eurozone und 8,8 Prozent in Deutschland wurden im Jahr 2022 negative Rekordwerte erreicht. Durch das Zögern der EZB konnte sich die Inflation in vielen Mitgliedsländern verfestigen. Lagarde leitete daraufhin die Zinswende ein, schaffte die Negativzinsen ab und trieb die Normalisierung der Geldpolitik voran. Im Mai 2023 lag die Inflation in Deutschland bei 6,1 Prozent und damit weit entfernt vom selbst gesteckten Ziel der EZB von 2,0 Prozent. Nach den Jubiläumsfeierlichkeiten hat die Zentralbank noch einige Aufgaben vor sich.
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