Von den EU-Agenturen ist Frontex vermutlich die bekannteste. Diesen Umstand verdankt sie der intensiven medialen Berichterstattung. Überschriften erregen zwar Aufmerksamkeit, vermitteln allerdings kein zusammenhängendes Bild. Daher fasst dieser Blog zusammen, welche Aufgaben die Agentur erfüllt und was es Wissenswertes zu Frontex gibt. Ferner werden die aktuellen Geschehnisse wie die illegalen Push-backs und Betrugsvorwürfe thematisiert.
Grenzen überschreiten
Jährlich überqueren ungefähr 700 Millionen Menschen die EU-Außengrenzen. Das sind sehr viel mehr Menschen als in der EU leben. Stellen Sie sich vor, annähernd alle Kölner*innen verlassen ein Jahr lang täglich morgens die EU und überqueren abends, wenn sie zurückkommen, erneut die Grenze. Somit ergeben sich annähernd zwei Millionen Ein- und Ausreisen pro Tag.
Grenz- und Küstenschutz – Frontex
Innerhalb des Schengenraums finden keine dauerhaften Personenkontrollen an den gemeinsamen Staatsgrenzen statt. Der Schengenraum ist größer als die EU, weil einige Länder zum Schengener Raum gehören, die nicht Teil der EU sind: die Schweiz, Norwegen, Island und Kleinstaaten wie Lichtenstein, Monaco oder San Marino. Während die Reisefreiheit für die EU-Bürger*innen ein unschätzbar großer Gewinn ist, müssen sich die Einzelstaaten darauf verlassen können, dass die Außengrenzen effektiv überwacht werden. Aus diesem Grund kommt dem Grenz- und Küstenschutz ein hoher Stellenwert zu. Die EU richtete 2004 zu diesem Zweck Frontex ein. Seitdem wuchsen die Mittel und Aufgaben der in Warschau angesiedelten Agentur erheblich. Während das Budget im Jahr 2005 noch bei überschaubaren sechs Millionen Euro lag, standen ihr nur fünfzehn Jahre später im Jahr 2020 schon 460 Millionen Euro zur Verfügung. Und in 2021 sind bereits 544 Millionen Euro eingeplant.
Die Aufgaben von Frontex
Frontex koordiniert Einsätze und verfügt weder über eigene Ausrüstung oder Grenzschutzbeamte. Die Agentur ist auf Grenzschützer, Schiffe, Flugzeuge, Hubschrauber und andere Ausrüstung der einzelnen nationalstaatlichen Grenzschutzbehörden angewiesen. Zeichnet sich in einem Grenzgebiet beispielsweise stark wachsender Überwachungsbedarf ab, koordiniert Frontex den Einsatz zusätzlicher Beamter. Diese kommen dann aus anderen Mitgliedsstaaten, wobei Frontex dem Entsendeland die anfallenden Kosten erstattet. Die Agentur erfüllt eine Koordinierungsfunktion, insofern sie einzelne Grenzschutzbehörden vernetzt, unterstützt und ihnen hilft, ihre Einsätze besser aufeinander abzustimmen. Die Agentur entwickelt eigene Risikoanalysen. Zudem erfasst sie Muster und Strukturen grenzüberschreitender Kriminalität wie Menschenhandel. Die Erkenntnisse geben den EU-Ländern sowie der EU-Kommission eine Planungs- und Entscheidungsgrundlage. Darüber hinaus unterstützt Frontex die Forschung, damit neue technische Lösungen für den Grenzschutz entwickelt werden. Um den Behörden einen grenzübergreifenden Informationsaustausch zu ermöglichen und zu erleichtern, baut Frontex entsprechende Informationssystem aus.
Die Kritik ist grenzenlos und reißt nicht ab
Die Kritik an der europäischen Grenzschutzagentur Frontex will einfach nicht abreißen. Aktuellen Ermittlungen zufolge steht die Agentur unter Vedacht sich illegal mit Waffen-Lobbyisten getroffen zu haben. Zudem läuft bereits gegen die Grenzpolizei ein offizielles Ermittlungsverfahren der EU-Antibetrugsbehörde OLAF, bei dem es laut Berichten um Belästigung und illegale Zurückweisung (Push-backs) von Mittelmeerflüchtlingen gehen soll. Wenn OLAF eingeschaltet wird, geht es immer um Betrug, Korruption, Fehlverhalten und Pflichtverletzungen innerhalb der Organe und Einrichtungen der EU. Die öffentliche Berichterstattung (u.a. Spiegel und ARD) dokumentierte, dass Frontex in der Ägäis an mindestens sechs illegalen Rückführungen von Geflüchteten verwickelt ist. Wenn sich EU-Behörden nicht mehr an Recht und Gesetz halten, dann sind wir kein Rechtsstaat mehr. Und solange Menschen im Mittelmeer ertrinken oder in Flüchtlingslagern unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben, ist die Migrations- und Asylpolitik der EU verfehlt. #leavenoonebehind
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