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EIZ Rostock
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Bedeutung der mentalen Gesundheit für die EU
Das Thema psychische Gesundheit rückt zunehmend in den Vordergrund der Gesellschaft. Nicht ohne Grund: Laut WHO werden Depressionen 2030 die in den Industrienationen am weitesten verbreitete Krankheit sein. Auch die EU und ihre Mitgliedstaaten sind von dieser Problematik und ihren Folgen betroffen. Psychische Gesundheit und das Wohlbefinden sind für den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche sowie nachhaltige Entwicklung sehr bedeutend. Durch die Auswirkungen psychischer Erkrankungen entstehen den 27 Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich Gesamtkosten von 4 % des BIP, was mehr als 600 Mrd. Euro entspricht.
Eurobarometer-Umfrage über psychische Gesundheit
Eine EU-weite Studie von 2023 mit über 26 000 Befragten zeigt auf, dass 46 % der EU-Bürger*innen in den letzten zwölf Monaten unter emotionalen oder psychosozialen Problemen litten. Am häufigsten betroffen ist die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen (59 %). Nur ein Drittel der Befragten glaubt, dass psychische Erkrankungen genauso ernst genommen werden wie körperliche. Verbesserungsmöglichkeiten durch die EU sehen die Befragten insbesondere in einem erleichterten Zugang zu Diagnose, Behandlung und Pflege sowie in einer Anhebung der generellen Lebensqualität. Problematisch angesehen wird vor allem der Zugang zu psychiatrischen Diensten: 67 % berichten von langen Wartezeiten, 45 % halten die Angebote für zu teuer und 30 % kennen kein geeignetes Fachpersonal, an das sie sich wenden können. Jeder zweite Betroffene hat keine professionelle Hilfe erhalten. Laut der Studie haben globale Ereignisse wie die COVID-19-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die Klimakrise einen starken Einfluss auf das psychische Wohlbefinden.

Die häufigste psychische Erkrankung in der EU sind Angststörungen (5,4 % der Bevölkerung), gefolgt von depressiven Störungen (4,5 %) und Alkohol- und Drogenabhängigkeit (2,4 %). Zu beobachten ist, dass psychische Gesundheitsprobleme in der Bevölkerung ungleich verteilt sind, z. B. leiden Frauen und Personen mit niedrigerem Einkommen häufiger an Depressionen. Die Selbstmordrate ist bei Männern jedoch deutlich höher als bei Frauen. Die Ursachen dafür sind komplex. Zum einen suchen Männer weniger Hilfe oder nehmen diese schlechter an. Bei Frauen werden somit psychische Erkrankungen schneller erkannt, diagnostiziert und behandelt. Zum anderen öffnen sich Männer eher selten gegenüber anderen, was dazu führen kann, dass das Seelengerüst vieler Männer wesentlich instabiler ist, als es von außen wahrgenommen wird. Oftmals profitieren Männer mental von Beziehungen. Im Gegensatz dazu leiden Frauen unter dysfunktionalen Partnerschaften.

Maßnahmen der EU und der nationalen Regierungen
Das Thema psychische Gesundheit steht seit 25 Jahren im Fokus der EU bzw. der Europäischen Kommission. Seither wurden zahlreiche Maßnahmen und Projekte entwickelt bzw. unterstützt, wie z. B. ImpleMENTAL mit 21 Mitgliedsländern und 5,4 Mio. Euro Finanzierung. In Österreich konnte damit ein mehrstufiges Programm zur Suizidprävention umgesetzt werden. Im Juni 2023 veröffentlichte die Kommission ein Papier zu einem umfassenden Ansatz für psychische Gesundheit, der auf folgenden drei Leitprinzipien basiert:
- Wirksame Prävention
- Zugang zu erschwinglicher, hochwertiger Versorgung
- Wiedereingliederung nach der Genesung
Die in dem Papier enthaltenen 20 Leitinitiativen wie zum Beispiel Bekämpfung der Stigmatisierung, psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und Versorgung sollen auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Auch die Mitgliedstaaten engagieren sich stärker für die Thematik: Der französische Premierminister Barnier hat angekündigt, die psychische Gesundheit im Laufe des Jahres zu einer „nationalen Priorität“ machen zu wollen und die Zahl der Jugendzentren innerhalb von drei Jahren zu verdoppeln.
Hier erhalten Sie Hilfe
Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person Suizidgedanken haben, wenden Sie sich an die Telefonseelsorge. Diese bietet schnelle Hilfe an und kann Sie an Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken vermitteln. Die Telefonseelsorge ist unter der Nummer 0800/111 01 11 zu erreichen. |

Bild 1: von SamuelFJohanns auf Pixabay, Bild 2: von geralt auf Pixabay, Bild 3: von dimitrisvetsikas1969 auf Pixabay
Für diesen Eintrag genutzte Online-Quellen:
Chaos im Kopf: mentale Gesundheit – die Europäische Union vor einer nicht sichtbaren Herausforderung
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