Ist es Zeit für eine intensivere Verteidigungs- und Sicherheitszusammenarbeit in der Europäischen Union?
Vor dem Hintergrund der brüchigen Sicherheitslage in Europa und der Instabilität in Nachbarländern der EU ist die Frage einer Neuausrichtung der europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in den Fokus der Öffentlichkeit und der europäischen Politik gerückt. Nächste Woche Montag und Dienstag werden die Europaabgeordneten über die Themen der EU- Sicherheits- und Verteidigungspolitik debattieren.
Der Außenausschuss des Europäischen Parlaments stimmte am 24. Oktober über einen Bericht ab, der eine „permanente und systematische Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung“ im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsunion fordert. Unter anderem werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Einhaltung der Vorgabe von 2 % des BIP für die Verteidigungsausgaben anzustreben. Kommende Woche debattieren die EU-Abgeordneten im Plenum in Straßburg über eine solche Verteidigungsunion. Sie wollen politisch klar Stellung beziehen, wie sich die europäische Verteidigungszusammenarbeit entwickeln soll.
Auch nach der US-Präsidentschaftswahl am 8. November 2016, aus der Donald Trump als neuer US-Präsident hervorgegangen ist, werden immer mehr Stimmen laut, die neben dem bestehenden NATO-zentrischen Verteidigungsmodell eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten fordern und anstreben. Sie sprechen sich für mehr Investitionen in die Verteidigung bzw. die Entwicklung EU-eigener Militärkapazitäten aus und betonen die Notwendigkeit für die Europäische Union, ihre Verteidigungs- und Sicherheitspolitik zu verstärken.
Europa steht vor zahlreichen Sicherheitsbedrohungen und Herausforderungen wie die Instabilität in der gesamten südlichen Nachbarschaft der EU, die Tragödie und humanitäre Katastrophe in Syrien, die Aktivitäten des IS in Syrien und im Irak sowie die wachsende Terrorgefahr und Terroranschläge an vielen anderen Orten. Hinzu kommt das Vorgehen Russlands in den letzten Jahren in der östlichen Ukraine oder auf der Krim. Das alles bedeutet, dass die EU mehr für die Sicherheit aller Mitgliedstaaten und für ihre Verteidigung tun muss.
Der zuständige Berichterstatter im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, der estnische Europaabgeordnete und ehemalige Außenminister Urmas Paet (ET, ALDE) meint, durch eine unabhängigere Verteidigungsstrategie der EU würde sich die Partnerschaft mit der NATO verändern und betont: „Die Verteidigungszusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten war bisher dürftig, und die Hoffnung lag vor allem auf der NATO. Mehr als je zuvor kann und sollte die EU zu ihrer eigenen Sicherheit beitragen, bevor es zu spät ist“.
Im Mittelpunkt der Beratungen der EU-Minister in dieser Woche stand auch der Umsetzungsplan für Sicherheit und Verteidigung im Rahmen der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union. Das Europäische Parlament debattiert diese Themen in seiner Plenarsitzung am Montag und Dienstag kommender Woche.
Pressemitteilung des Europäischen Parlamentes vom 18.11.2016